Dass ein "erdrutschartiger Sieg" eigentlich einem Bild der Verwüstung entspricht, darauf wäre ich von selbst gar nicht gekommen. Die Formulierung ist wie viele Floskeln bereits so verbreitet, dass sie schon nicht mehr hinterfragt wird. Ein bisschen Nachdenken ist beim Schreiben angebracht, das macht die Seite www.floskelwolke.de von Udo Stiehl und Sebastian Pertsch deutlich.
Die beiden freiberuflichen Nachrichtenredakteure haben Formulierungen zusammengetragen, die abgedroschen, verharmlosend, unpräzise, überflüssig oder schlichtweg falsch sind und damit journalistischen Maßstäben nicht genügen. Solche Phrasen tauchen recht häufig in unseren Medien auf. In dem "Nachrichtengiftschrank" der Webseite sind die einzelnen Formulierungen aufgelistet, dazu gibt es eine kurze Erklärung, was sie zur Floskel macht.
Für die Floskelwolke lassen Stiehl und Pertsch mithilfe einer Programmierung rund 1.600 Domains analysieren, Websites von Zeitungen und Magazinen, Radio- und Fernsehsendern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Daraus werden zweimal täglich die aktuellen Top-Floskeln generiert. Die Wolke macht sichtbar, welche Floskeln, Phrasen, Formulierungen sich in den Medien halten und verbreiten.
Die CSV-Daten und Floskelwolken stehen auf der Webseite zum Download bereit - und zusätzlich auch ein Floskel-Phrasen-Bullshit-Bingo mit 100 Floskeln, Phrasen, Formulierungen.
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"Die Operation ist gut verlaufen", sagt der Operateur. Und das glaube ich ihm aufs Wort. Denn nur ein, zwei Stunden nach dem Eingriff stehe ich auf beiden Beinen in meiner Station, fühle mich quicklebendig und plaudere munter und wie aufgedreht drauflos. Der Operateur lächelt. Vermutlich verhalten sich viele Patienten nach einer Narkose genau so. Ich bin dankbar für die Segnungen der modernen Medizin. Ruhig ein- und ausatmen, das ist mein letzter aktiver Beitrag vor der Operation, dann beginnt auch schon das Narkosemittel zu wirken - und dann wache ich auch schon wieder auf, so scheint es mir. In Wirklichkeit dauert die Cochlea Implantat-Operation rund zwei Stunden. Mein Operateur braucht in der Regel nur eineinhalb Stunden, sagt zumindest der Arzt, der mit mir das Vorbereitungsgespräch führt. Das Einzige, was mich an die OP erinnert, ist der dicke Turban auf meinem Kopf. Für fünf Tage muss ich einen Druckverband tragen, damit das Implantat an Ort und Stelle einwächst. Der Verband ist so fest, dass ich mir Sorgen mache, wie meine rechte Ohrmuschel den Dauerdruck überstehen soll. Die einzig wahrnehmbaren Schmerzen rühren wirklich von diesem Gefühl an meinem Ohr. Meine normale Brille passt nicht über den Verband - aber es gibt noch eine alte Brille mit flexibleren Bügeln. Ich befestige sie mit Pflaster oder schiebe sie in das Mullnetz. So kann ich auf der Station auf- und abgehen, alle Klatschzeitschriften durchblättern, mir Tee oder Kaffee holen. Es sieht ganz lustig aus, auch weil meine Haare oben herausquellen. Fürs Hören und Verstehen ist derzeit mein linkes Ohr samt Hörgerät alleine zuständig. Improvisation ist alles - auch beim Schlafen. Ich habe mir zwar extra ein niedliches Kissen in Wolkenform in die Klinik mitgebracht, aber es hilft nicht wirklich. Andere CI-Patienten schwören auf ganz große weiche Kissen, andere auf Nackenhörnchen. Ich baue mir jeden Abend ein Nest aus Wolkenkissen, Krankenhauskissen und einem weichen Schal. Mal wache ich die Nacht hindurch, mal döse ich häppchenweise. Egal. Ich weiß ja, dass der Verband wieder abkommt. Die fünf Turbantage und -nächte gehen schnell vorbei. Dazwischen zweimal Verbandswechsel. Wie ich mich freue, als die Ärztin mir am Entlassungstag sagt: "Wenn der Verband sich von selbst löst, kann er auch wegbleiben." Ein Rezept bekomme ich noch mit: Antibiotika und Cortison, um alle Risiken zu minimieren. Weihnachten feiere ich ohne Turban und ich beginne, mein rechtes Ohr wiederzubeleben. Unter dem Langzeitdruck ist die Ohrmuschel nun tatsächlich irritiert und sie wirkt schlapp und weich. Noch eine Woche bis zum Fädenziehen, etwa vier Wochen bis zur CI-Erstanpassung. Ich fühle mich fit und lausche interessiert den neuen Ohrgeräuschen, die von Zeit zu Zeit hörbar werden.
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Einmal sollte ich eine Wand wegschieben. Also stellte ich mich an die Wand und drückte mit beiden Händen dagegen. Meine Füße drückte ich fest in den Boden und den ganzen Körper gegen diese Wand. Sie bewegte sich keinen Milimeter. "So anstrengend ist das, wenn du deine Schwerhörigkeit nicht annimmst", sagte der Seminarleiter zu mir. Das war vor ein paar Jahren in einem Seminar in Herrnhut. Es ging um hörbehinderte Identität, Selbstbewusstsein und Minderwertigkeitsgefühle. Ich akzeptiere heute, dass sich mein Gehör nicht regenerieren wird. Es wird kein Wunder geschehen und Hörgeräte überflüssig machen. Das ist in 27 Jahren nicht passiert. Stattdessen ist mein Hörvermögen schlechter geworden. So schlecht, dass Hörgeräte an ihre Grenzen kommen. Ich verschwende also besser keine weitere Energie, um zu versuchen, die Wand wegzuschieben. Sondern ich schaue, wo es eine Tür gibt. Das Cochlea Implantat ist so eine Tür. Was dahinter liegt, kenne ich nur vom Hörensagen. So füge ich der Akzeptanz noch Vertrauen und Loslassen hinzu, weil ich mein Restgehör durch eine Elektrode ersetzen lasse und darauf vertraue, dass alles gut wird.
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