Meine eigene Stimme entdeckte ich im Studium. Ich dachte, ich hätte längst den Dreh heraus, wie man Seminararbeiten schreibt. Dabei rekapitulierte ich nur, was die Sekundärliteratur hergab; frei nach Karl Valentin: Es wurde schon alles gesagt, nur noch nicht von mir.
Mit einer Hausarbeit in Anglistik verabschiedete ich mich von diesem Geschwafel. Ich setzte das kleine Wörtchen „ich“ ein, um meine persönliche Meinung zu äußern, und verbannte das unpersönliche „man“ und ähnlich wirkende Passivkonstruktionen. Mein Mut wurde belohnt.
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Hobbys sind Arbeiten, die wir lieben - oder?
Ich male zum Beispiel sehr gerne. Es ist eins meiner Hobbys, also etwas, was ich nicht tun muss, sondern liebe. Kürzlich nahm ich mir vor, ein paar Bilder für mein Büro zu malen. Ich hatte eine genaue Vorstellung davon, wie die Bilder aussehen und wirken sollten - mit viel Grün und Weiß, einfach und klar. Dabei war mir bewusst, dass sich gerade das Einfache gar nicht so einfach malen lässt. Ich griff zum Pinsel, zu Acrylfarben und begann mit sehr viel Lust, die Leinwand zu bepinseln. Und es gelang. Kurze Zeit später hatte ich ein Bild, in etwa so, wie ich es wollte. Es hängt bereits im Büro. Nun machte ich mich an ein weiteres Bild. Und dabei hatte ich Schwierigkeiten. Ich malte und malte, mischte mehr Farben hinzu, auch etwas Rot und Blau. Die Einfachheit war verschwunden. Unzufriedenheit machte sich breit. Ich griff zu einem kleinen Spachtel und erzielte damit eine interessante Struktur. Aber irgendwie wirkte das Bild nicht so, wie ich es für mein Büro haben wollte. Ich begann mit mir zu hadern. "Hast mal wieder nicht rechtzeitig aufgehört, wie willst du diese Leinwand jetzt noch retten." Zudem hatte ich kürzlich ein Zitat von einem Maler gehört, "man könne ein Bild auch totmalen". Ich griff nach Wachsstiften. Damit hatte ich bereits in einigen Bildern interessante Akzente setzen können. Ich verteilte auch diesmal kleinere Akzente über die Malfläche. Dann endlich ließ ich das Bild ein paar Tage in Ruhe.Sich lösen vom Prozess
[caption id="attachment_575" align="alignright" width="312" caption="Der Malprozess hinterlässt seine Spuren im Bild."][/caption] Aber ich war nicht zufrieden. Ich begann schließlich, alles zu übermalen, ohne Respekt für das, was ich bisher gemalt hatte. Dann wischte ich viel von der Farbe einfach wieder weg und ließ die Leinwand in der Sonne trocknen. Ich mochte das Bild nicht mehr. Missmutig spachtelte ich erneut Farbe drüber, diesmal Gelb. Irgendwann ergab ich mich - mehr oder weniger - schon bevor die Farben trockneten. Ich erkannte, dass ich nicht mit Liebe bei der Sache war. Zuletzt ritzte ich mit dem Spachtel in die noch feuchte Farbe die Zeilen "love what you do - do what you love" in das Gelb. Ich schrieb es in einem fort über die ganze Leinwand und lächelte. Das Bild sieht nicht so aus wie geplant. Dennoch mag ich es jetzt. Es hat Struktur. Und ich weiß, was alles drin steckt. Soll ich es nun ins Büro hängen?. Für mich ist es ein mahnendes Bild. Das erste Bürobild ging mir leicht von der Hand, dieses sollte daran anknüpfen, aber mit Druck ging plötzlich gar nichts mehr. Mein Bild erinnert mich nun daran, dass ich mit Liebe und Gelassenheit am besten arbeite. Wenn ich ohne Liebe an einem Bild arbeite, werde ich nie zufrieden sein mit meiner Arbeit. Dann wird es immer ein Kampf sein, Farbschicht um Farbschicht.Wertschätzung für mich und mein Tun
Love what you do - führt zu einer neuen Einstellung. Wer selbst wertschätzt, was er tut, gibt sich auch selbst Wertschätzung und Liebe - mit jeder Aktion. Vielleicht fängt es damit an, wie ich meine Tätigkeiten bezeichne: Lieblingsbeschäftigung, Hobby, Freizeit, Arbeit, Pflicht, Muss, Schinderei, Last. Vielleicht läuft es darauf hinaus: Ist es für mich Muße oder Müssen? Und wie sehe ich mich, inmitten meines Tuns? Wenn ich mich als "meines Glückes Schmied" sehe, dann achte und liebe ich auch das, was ich tue. Anders hingegen, wenn der Gedanke überwiegt, immer nur Pflichten zu erfüllen, die mir von anderen auferlegt werden. Mein Bild in seinem sonnigen Gelb und die eingeritzten Worten erinnern mich daran, mit Liebe an eine Sache heranzugehen, auch wenn diese Arbeit zu scheitern droht. Ich hänge es mir vielleicht doch ins Büro.- Details
- Kategorie: Buntes
Tun Sie, was Sie lieben. Und lieben Sie, was Sie tun. Es mag eine Binsenweisheit sein. Aber gerade die einfachen Prinzipien gehen in der Alltagsroutine gerne verloren. Dass uns die Dinge leichter von der Hand gehen, die wir lieben, ist logisch. Aber wie ist das mit dem Umkehrschluss? Einfach alles lieben, was wir tun? Auch das, was wir tun müssen?
Ich male zum Beispiel sehr gerne. Und kürzlich nahm ich mir vor, ein paar Bilder für mein Büro zu malen. Ich hatte eine genaue Vorstellung davon, wie die Bilder aussehen und wirken sollten - mit viel Grün und Weiß, einfach und klar. Ich griff zum Pinsel, zu Acrylfarben und begann mit sehr viel Lust, die Leinwand zu bepinseln. Ein Bild konnte ich bereits ins Büro hängen.
Beim zweiten Bild hatte ich Schwierigkeiten. Ich malte und malte, mischte mehr Farben hinzu, auch etwas rot und blau, griff zu einem kleinen Spachtel und erzielte damit eine interessante Struktur, aber irgendwie wirkte das Bild nicht so, wie ich geplant hatte. Ich versuchte, mit Wachsstiften Akzente zu setzen, und ließ das Bild ein paar Tage in Ruhe. Aber ich war nicht zufrieden. Ich begann es zu übermalen, wischte viel von der Farbe einfach wieder weg und ließ die Leinwand in der Sonne trocknen. Missmutig spachtelte ich erneut Farbe drüber, diesmal in Gelb. Dann ergab ich mich - mehr oder weniger - bevor es trocknete. Zuletzt ritzte ich mit dem Spachtel die Zeilen "love what you do - do what you love" in das Gelb. Ich schrieb es in einem fort über die ganze Leinwand und lächelte über mich selbst. Das Bild sieht nicht so aus wie geplant. Aber ich mag die Struktur, ich weiß, was alles dahinter steckt. Ich weiß nicht, ob ich es ins Büro hängen soll.
Für mich ist es ein mahnendes Bild. Das erste Bild ging mir leicht von der Hand, das zweite sollte daran anknüpfen. Und mit diesem Druck ging plötzlich gar nichts mehr. Mein Bild erinnert mich nun daran, dass ich mit Liebe und Gelassenheit am besten arbeite. Wenn ich ohne Liebe an einem Bild arbeite, dann werde ich nie zufrieden sein, dann wird es immer ein Kampf sein, Farbschicht über Farbschicht.
Love what you do - das ist Einstellungssache. Es fängt damit an, wie wir die Dinge bezeichnen: Lieblingsbeschäftigung, Hobby, Freizeit oder Pflicht. Muße oder Müssen. Und es geht weiter, mit dem, wie wir uns selbst sehen. Wenn Sie sich als "Ihres Glückes Schmied" sehen, dann achten und lieben Sie sicherlich das, was Sie tun. Wenn Sie sich eher als jemanden sehen, der immer seine Pflichten erfüllen muss, dann schätzen Sie Ihr Tun wahrscheinlich geringer ein.
Wie stehen Sie zu sich?
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© Livia Grupp, Text & Schreiben - Textbüro und Schreibberatung, Mannheim
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