Zu gefühlten 90 Prozent schreibe ich alle meine Texte mit der Computertastatur. Zehnfingersystem statt Schreiben mit der rechten Hand. Es geht so schnell, wie ich denken kann - sozusagen Direktverbindung vom Kopf zu den Fingern. Ich schreibe kaum noch von Hand, und meine Handschrift ist für viele Leute kaum lesbar.
Nun stieß ich auf einen Artikel der New York Times, der das Schreiben von Hand aus Sicht von Psychologen und Neurowissenschaftlern beleuchtet (Konnikova: What’s Lost as Handwriting Fades). Demnach unterstütze das Schreiben von Hand in besonderem Maße die Lernfähigkeiten von Kindern, unter anderem deshalb, weil von Hand geschriebene Buchstaben immer wieder anders aussehen. Es zeuge von einer Lernleistung, auch in abweichenden Formen den gleichen Buchstaben zu erkennen. Der Artikel erwähnt auch eine Studie, derzufolge Kinder, die Texte von Hand schrieben, nicht nur schneller mehr Wörter produzierten, sondern auch mehr Ideen einbauten. Es wirke sich auch auf die Leistungen von Studenten aus, ob sie in Vorlesungen von Hand mitschreiben oder mit der Computertastatur.
Dass ein "erdrutschartiger Sieg" eigentlich einem Bild der Verwüstung entspricht, darauf wäre ich von selbst gar nicht gekommen. Die Formulierung ist wie viele Floskeln bereits so verbreitet, dass sie schon nicht mehr hinterfragt wird. Ein bisschen Nachdenken ist beim Schreiben angebracht, das macht die Seite www.floskelwolke.de von Udo Stiehl und Sebastian Pertsch deutlich.
Die beiden freiberuflichen Nachrichtenredakteure haben Formulierungen zusammengetragen, die abgedroschen, verharmlosend, unpräzise, überflüssig oder schlichtweg falsch sind und damit journalistischen Maßstäben nicht genügen. Solche Phrasen tauchen recht häufig in unseren Medien auf. In dem "Nachrichtengiftschrank" der Webseite sind die einzelnen Formulierungen aufgelistet, dazu gibt es eine kurze Erklärung, was sie zur Floskel macht.
Für die Floskelwolke lassen Stiehl und Pertsch mithilfe einer Programmierung rund 1.600 Domains analysieren, Websites von Zeitungen und Magazinen, Radio- und Fernsehsendern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Daraus werden zweimal täglich die aktuellen Top-Floskeln generiert. Die Wolke macht sichtbar, welche Floskeln, Phrasen, Formulierungen sich in den Medien halten und verbreiten.
Die CSV-Daten und Floskelwolken stehen auf der Webseite zum Download bereit - und zusätzlich auch ein Floskel-Phrasen-Bullshit-Bingo mit 100 Floskeln, Phrasen, Formulierungen.
Ich tippe ja dermaßen viel in die Tastatur, dass ich beim Gedanken an meine Handschrift Stirnrunzeln bekomme. So wie meine Grundschullehrerin früher. Denn meine Buchstaben- und Linienführung war schon immer sehr wacklig. Da half kein noch so guter Tintenfüller. Die vielen Kulis, die ich seither benutze, haben meine Schrift auch nicht verbessert. Wenn ich mal eben schnell etwas notiere, dann kann es außer mir niemand lesen. In manchen Fällen ist das praktisch. In anderen nicht.
Seit einigen Jahren wird diskutiert, ob Schülerinnen und Schüler heute besser zuerst eine Druckschrift schreiben lernen und danach ihre Schreibschrift "mit Schwung" entwickeln. Näheres über Hintergründe und Argumentationen sowie Beispiele der Schriften kann man auf der Webseite www.die-grundschrift.de nachlesen. Eins der Hauptargumente dafür ist, dass diese Schrift der gedruckten "Leseschrift" ähnlich ist. Das erleichtert den Schritt vom Lesen zum Schreiben und umgekehrt. Außerdem sei dieses Konzept hilfreich für einen inklusiven Unterricht.
Ich könnte mir vorstellen, dass sogar ich mit etwas Übung meine Handschrift wieder verbessern und lesbarer machen könnte (siehe Schreibübungen der Medienwerkstatt-Münster). Besser wäre es. Denn neulich wollte ich mir mal meine Schreibschrift als Font erstellen. Das ermöglichen zum Beispiel die Webseiten Myscriptfont.com und www.paintfont.com - man druckt sich dazu eine Vorlage aus und schreibt die einzelnen Buchstaben in seiner eigenen Schrift. Und das ist bei mir herausgekommen:
Es ist natürlich schwer, einzelne Buchstaben mit Schwung zu schreiben und keine ganzen Wörter oder Sätze. Aber: Wer schön schreiben kann, mit ruhiger Hand, ist bei diesen Programmen klar im Vorteil.
Mir fällt übrigens auf, dass ich wohl den umgekehrten Weg gegangen bin: von der Schreibschrift zur Druckschrift. Nur wenige Buchstaben wie A, D, F und G haben noch die Kringel aus der Schreibanfangszeit. Nun ja, deshalb wird das Abendland schon nicht untergehen.
Kleines Update am 21.12.2015 nachdem ich auf zwei interessante Links stieß:
- Artikel auf Spektrum.de zum Thema "Von Hand gelernt - Wie lernt man am besten Handschrift?"
- Die Initative Schreiben e. V. möchte Schreibkompetenz mit Handschrift als Kulturgut fördern.
Kennen Sie das?
- Sie erhalten eine E-Mail, in der jemand erzählt, wer er ist, was er gerade macht, welche Initiative er begleitet usw. usf. und während sie lesen, fragen sie sich dauernd, wann kommt er denn jetzt zum Punkt? Was will er von mir?
- Oder Sie schreiben selbst so eine E-Mail und packen viele Infos, Gedanken, Hintergründe, Beweggründe, Historien und weiteres Beiwerk in den Text. Und wundern sich, dass die angeschriebenen Personen eher zaghaft reagieren. Wenn überhaupt.
Solche E-Mails schicke ich manchmal an Angehörige, Freunde und Bekannte. Netterweise haben sie sich noch nicht beklagt.
Was du nicht willst, das man dir tu...
Im Geschäftsleben kann es passieren, dass eine solche E-Mail Empfänger überfordert. Die Antwort wird erstmal zurückgestellt - und dann, möglicherweise Wochen später, ganz und gar vergessen.
Wie lassen sich E-Mails leserfreundlich gestalten, effizienter schreiben?
Ein Geschenk ist ein Geschenk ist ein Geschenk. Könnte man meinen.
In letzter Zeit ärgere ich mich über "Geschenke", die keine sind. Ob von der Bahn, vom Versandhändler, vom Online-Shop - sie alle kündigen mir vollmundig Geschenke an, vielleicht weil Weihnachten ist.
In Wirklichkeit präsentieren Sie mir Gutscheine als Geschenke oder schicken mir e-coupons, die an Bedingungen geknüpft sind.